Strom in der Region

Das Auerhuhn und die Windenergie

Das E-Werk Mittelbaden setzt auf den Schutz von Natur und Tier.

Auerhahn © AdobeStock_Milan

Der Schutz der wenigen Auerhähne und -hennen, die es noch im Schwarzwald gibt, spielt bei der Umsetzung der Windenergieanlagen eine zentrale Rolle © AdobeStock_Milan

- Lesezeit: 6 Min

Das Auerhuhn im Schwarzwald schützen 

Kniehohe Heidelbeersträucher säumen die helle Lichtung, saftig grüne Farnbüschel wiegen sanft im Wind. Es ist Ende September. Wir sind mitten im Wald auf 800 Höhenmetern. Die Luft ist kühl – zugige 12 Grad. Die kurvenreiche Straße, auf der wir eben noch hoch in den Schwarzwald gefahren sind, haben wir vor einigen Kilometern hinter uns gelassen. Schön hier! Aber nicht nur uns gefällt das Waldgebiet in der Nähe von Oberharmersbach. „Das ist ein Auerhuhn-Habitat“, erklärt Hans Lehmann mit gedämpfter Stimme. Er ist der zuständige Revierleiter. „Ganz selten bekommt man die Urvögel mal zu Gesicht – das sind dann allerdings äußerst einprägsame Momente“, fährt Lehmann fort, der bei seinen Streifzügen durch den Wald in den vergangenen Jahren immer mal wieder das eine oder andere Huhn erspäht hat.

Begehung des Auerhuhn-Habitats

Lehmann wendet sich seinen Kollegen Rudi Suchant von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und Matthias Mohaupt vom Verein Auerhuhn im Schwarzwald zu, die auch zur Begehung des Habitats angereist sind. Die drei Männer verbindet eine gemeinsame Mission: die Auerhühner schützen. Im Schwarzwald, muss man dabei wissen, ist das imposante Federvieh vom Aussterben bedroht.

Nach Angaben der FVA gibt es in der Region nur noch etwa 100 Auerhähne und eine gleiche Zahl an Auerhennen – also 200 dieser Urvögel. Um den Bestand zu erhalten, müssten es 500 bis 600 sein, gibt Revierleiter Lehmann zu bedenken.

Matthias Mohaupt, Hans Lehmann und Rudi Suchant © Jigal Fichtner
(Von links) Auerhühner schützen: Das ist das gemeinsame Ziel von Matthias Mohaupt vom Verein Auerhuhn im Schwarzwald, Hans Lehmann, Revierleiter von Oberharmersbach, und Rudi Suchant von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg © Jigal Fichtner

Der Wald ist die Wohnung der Tiere

Damit Auerhühner im Schwarzwald langfristig überleben können, benötigen sie einen geschützten Lebensraum. Mindestens 50 000 Hektar sollte der groß sein. Zum Vergleich: Der Schwarzwald ist insgesamt etwa 700 000 Hektar groß. Außerdem muss der genetische Austausch zwischen den Auerhuhn-Teilpopulationen, die in unterschiedlichen Gebieten des Schwarzwalds leben, funktionieren. Aus diesem Grund gibt es Auerhuhn-Korridore, auf denen sich die Vögel von einem Gebiet zum anderen bewegen, und sich dort, wenn möglich, fortpflanzen. „Nur so kommt es zu einer größeren genetischen Diversität und der Bestand kann auch wirklich nachhaltig gesichert werden“, bestätigt Rudi Suchant von der FVA. Doch zu den Auerhuhn-Korridoren später mehr. Jetzt erst mal eine kleine Bestandsaufnahme des Walds. Der ist nämlich längst kein ruhiger Ort mehr. Tourismus- und Freizeitaktivitäten sowie die Jagd können Auerhühner, aber auch andere Tiere in ihrer Lebensweise stark beeinträchtigen. „Manche Menschen vergessen, dass sie im Wald im Wohnzimmer der Tiere stehen. Respekt und Ruhe sind hier sehr wichtig“, sagt Matthias Mohaupt.

Viele Faktoren spielen eine Rolle

Darüber hinaus sind es aber auch Eingriffe in die Natur wie Infrastruktur-Projekte oder Windenergieanlagen, die den Lebensraum der Vogelart verändern. Bodenversiegelung, Schattenwurf und Lärm sind hier die Stichworte“, erklärt uns später Stefan Böhler, der zwar nicht bei der Begehung dabei ist, aber beim E-Werk Mittelbaden mit seinem Team für den Ausbau der Windenergie in der Region zuständig ist. Für die Umsetzung der Windenergieanlagen steht er in enger Absprache mit der FVA, dem Verein Auerhuhn im Schwarzwald sowie zuständigen Waldrevierleitern. „Wer eine Windenergieanlage bauen möchte, befindet sich automatisch in einem Spannungsfeld“, stellt Böhler klar. „Auf der einen Seite steht die Windenergieanlage, die CO2-neutralen Strom produziert, auf der anderen der Auerhuhn- beziehungsweise der Naturschutz.“ Gebaut werden darf deshalb nur unter strengen Auflagen. Ob ein Standort für den Bau einer Windenergieanlage geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab – nicht nur vom Auerhuhnschutz. „Die Genehmigungsprozesse für eine Windenergieanlage können deshalb zwischen fünf und sieben Jahren dauern“, sagt Böhler.

Den Lebensraum schützen

Um das komplexe Spannungsfeld zwischen Naturnutzung und Naturschutz zu lösen, gibt es klare Vorgaben. Wer in die Natur eingreift, zum Beispiel wenn das E-Werk Mittelbaden Windenergieanlagen baut, muss im Gegenzug Ausgleichsmaßnahmen für die Auerhühner und den Naturschutz einleiten. Renaturierung heißt das im Fachjargon. Dabei geht es darum, Lebensraum für das Auerhuhn zu schaffen: lichte, strukturreiche Nadelmischwälder mit einer reichen Bodenflora mit Heidelbeeren, Kräutern und nahrhaften Insekten etwa. Besonders für die Auerhuhnküken und -hennen sind offene und besonnte Plätze, aber auch deckungsbietende Sträucher an den Lichtungsrändern als Schutz vor Raubtieren wichtig. „Letztendlich dient die Renaturierungsmaßnahme, die wir auf der Basis der fachlichen Grundlagen der FVA zusammen mit dem Verein Auerhuhn im Schwarzwald vornehmen, aber allen Tieren“, so Böhler. Früher war es so, dass ein Waldgebiet erst dann aufgewertet wurde, wenn die neue Windenergieanlage schon stand. Renaturiert wurde zunächst im unmittelbaren Radius der Anlage – oft wenig profitabel für die Auerhühner. Denn in Gebieten, in denen der Bau von Windenergieanlagen genehmigt wird, siedeln in der Regel ohnehin sehr wenige oder gar keine Tiere. „Dieses Vorgehen fanden wir nicht ganz nachvollziehbar“, erzählt Böhler. In der Region beteiligt sich das E-Werk Mittelbaden deshalb an einem besonderen Projekt der FVA und des Vereins Auerhuhn im Schwarzwald. Dabei geht es darum, Ausgleichsmaßnahmen in der Natur schon dann vorzunehmen, bevor es überhaupt zur Genehmigung einer Windenergieanlage kommt. Renaturiert wird dann in Gebieten, in denen auch wirklich Auerhühner siedeln. „Wir gehen da in Vorleistung. Denn das Auerhuhn braucht jetzt Schutz und nicht erst in sieben Jahren, wenn die Genehmigung einer Anlage durch ist“, unterstreicht Böhler.

 

Stafan Böhler vom E-Werk Mittelbaden © Dimitri Dell
Stefan Böhler hat mit seinem Team beim E-Werk Mittelbaden bereits mehrere Windenergieanlagen in der Region umgesetzt © Dimitri Dell

Windenergie und Artenschutz sind miteinander vereinbar

Artgerechte Lebensräume sind also ein wichtiger Baustein, um den Bestand zu sichern. Doch auch der genetische Austausch unter den einzelnen Teilpopulationen und ihren Brut-, Balz- und Aufzuchtsplätzen muss gegeben sein. Über Korridore – im Kinzigtal gibt es zwei davon – können sich die Vögel von einem besiedlungsgünstigen Gebiet zum anderen bewegen. Auerhuhn-Korridore sind etwa 1000 Meter breit und müssen möglichst für Auerhühner barrierefrei sein. Bei dem Bau von Windenergieanlagen müssen deshalb die Bereiche der Auerhuhn-Korridore berücksichtigt werden. Doch die Funktion der Korridore ist in gewisser Weise limitiert. „Sie verlaufen so, dass das Auerhuhn mitunter über die Bundesstraße, die Kinzig und die Bahnstrecke muss, um das Tal zu überqueren. Ob es das schafft?“, fragt sich Böhler. Nur barrierefreie und mit geeigneten Waldstrukturen versehene Wildtier-Korridore können gefahrgeminderte Bewegungen der Tiere ermöglichen. In deren Umsetzung ist das E-Werk Mittelbaden ebenfalls eingebunden. Auf der anderen Seite haben die Korridore auch schon ihren Nutzen gezeigt. Genetische Untersuchungen hätten bewiesen, dass der Austausch zwischen den Teilpopulationen stattfinde, so Suchant von der FVA: „Wir konnten feststellen, dass einzelne Hühner bis zu 50 Kilometer gewandert sind, um sich dort fortzupflanzen.“ Bei all der Planungskomplexität von Windenergieanlagen sind sich die vier Männer einig. Energiewende durch Windenergie und der Auerhuhnschutz sind miteinander vereinbar. Mohaupt: „Der Ansatz ist: Auerhuhn und Windenergie. Es soll genügend Flächen für Windenergie geben, aber die wichtigen Flächen für Auerhühner müssen ebenfalls erhalten bleiben.“

Weitere Infomationen über den Urvogel des Schwarzwaldes finden sich auf der Webseite des Vereins Auerhuhn im Schwarzwald e.V.

Besichtigung des Auerhuhn-Habitats - Schaut doch mal rein!
Artikel teilen

Dein Browser ist veraltet.

Daher stehen dir die Funktionen auf unserer Webseite leider nicht zur Verfügung. Verwende aus Sicherheitsgründen einen aktuellen Browser (bspw. Chrome oder Firefox).

 

Bei Fragen zu unseren Tarifen und Energielösungen erreichst du uns unter:
service [at] e-w-m.de (service[at]e-w-m[dot]de)